Alte röm.-kath. Volksschule

Schüler und Schulmeister unter einem Dach 

Die Ursprünge der Schule von Jois
Schulen wurden im Mittelalter und der Frühen Neuzeit stets in Verbindung mit einer Pfarre betrieben. Für Jois ist eine solche Pfarre bereits im Mittelalter belegt. Es besteht daher die Annahme, dass in Jois schon sehr früh eine Schule existierte, in dem Sinn, dass zunächst die Söhne der reichen Bauern im Lesen, Schreiben und Rechnen unterrichtet wurden. Erst unter Maria Theresia wurde 1779 auch in Jois die allgemeine Schulpflicht für Kinder von 7 bis 12 Jahren eingeführt. Die Volksschule wurde gemäß den schriftlichen Belegen seit jeher als römisch-katholische Volksschule geführt.

Das barocke Schulgebäude / Untere Hauptstraße 21
Die erste schriftliche Erwähnung eines Schulgebäudes in Jois – einer sogenannten „Schuell“ erfolgte 1555. Dies deutet darauf hin, dass es in der Frühen Neuzeit schon ein eigenes Schulgebäude gegeben hat. Vermutlich war dieses der Vorgängerbau des im Jahr 1758 erbauten Schulhauses an der Unteren Hauptstraße 21. 

Im Torbogenschlussstein dieses barocken Neubaus sind das Datum der Errichtung – 1758 – und die Initialen IS-G-MR zu lesen. Die Buchstaben IS könnten sich auf Iakob Scherbl beziehen, der 1760 als ein gewester Marktrichterverstarb. Das G steht für Geoys, eine alte Schreibweise für Jois, das MR für die Bezeichnung des Markt-Richters. 

Das Schulgebäude wurde nur ein Jahr nach dem Pfarrkirchenneubau – der Schlussstein der Pfarrkirche trägt die Jahreszahl 1757 – errichtet. Die verstärkte Bautätigkeit in der Mitte des 18. Jahrhunderts zeigt deutlich, dass es damals zu einem Aufschwung des Dorfes und der Bevölkerungszahl gekommen war. Bauliche Erweiterungen am Schulgebäude fanden im 19. Jahrhundert statt. So wurde im Jahr 1832 der hofseitige Keller errichtet bzw. darüber 1860 eine zweite Klasse aufgestockt.

Worin lag die Bedeutung des Schulmeisters?
Das Gebäude beherbergte neben dem Klassenraum, in dem alle Schüler unabhängig vom Alter unterrichtet wurden, auch Privaträume für den Schulmeister und seine Familie.

Der Schulmeister hatte neben der Lehrtätigkeit für die Schüler auch die Aufgabe bei den Messen die Orgel zu spielen (im Jahr 1735 erhielt er dafür 20 Gulden von der Pfarre) sowie als „Notarius” für die Gemeinde tätig zu sein (im Jahr 1735 erhielt er dafür 70 Gulden von der Gemeinde). Auch hatten die Schüler bzw. deren Eltern für das Unterrichten zu bezahlen. Als Beispiel sei hier aus dem Visitationsprotokoll von 1659 angeführt:

“Buchstabieren”                       25 Pfennig

“Schreiben und Lesen“             50 Pfennig

“Rechnen”                               75 Pfennig

Trotz dieser “Einkünfte” fand der Schulmeister nur schwerlich das Auslangen.

Die Namen der Schulmeister sind seit 1618 schriftlich dokumentiert.

Streitbare Schulmeister und Marktrichter
Vor allem in der Zeit der Frühen Gegenreformation in der zweiten Hälfte des 16. Jahrhunderts war Jois häufig Schauplatz konfessioneller Zwistigkeiten, die im Besonderen zwischen dem Schulmeister und dem Marktrichter ausgetragen wurden. Da der Schulmeister der Pfarre von Jois unterstellt war, war dieser in der Regel katholisch gesinnt, wohingegen der Marktrichter sehr oft evangelisch war. Die historischen Quellen berichten im Jahr 1583 von einem solchen Konflikt zwischen dem katholischen Schulmeister Matthäus Redelin und dem evangelischen Marktrichter, bei dem es um den jeweiligen Anspruch von Rechten und Einkünften ging. Aufgrund fehlender Dokumente ist der Ausgang dieses Rechtstreites nicht bekannt.

Nur wenige Jahre zuvor, 1579, war die Situation noch genau umgekehrt geführt worden. Damals stand der Schulmeister Ambrosius Furtenbach, der im Übrigen als der erste namentlich bekannte Schulmeister von Jois bezeugt ist, noch auf der Seite der Protestanten. Er war vermutlich mit dem evangelischen Pfarrer Jakob Walker aus Deutschland nach Jois gekommen, wo er in eine heftige Auseinandersetzung zwischen dem ebenso evangelisch gesinnten Marktrichter Gregor Geyer mit den katholischen Pfarrern von Winden und St. Margarethen am Moos geraten war. Dieser Konflikt endete nachweislich sogar mit einer Schlägerei. Als Konsequenz dessen, musste der erste Schulmeister die Ortschaft Jois auch schnellstmöglich wieder verlassen.

Wer besuchte die Schule von Jois?
Mit Einführung der allgemeinen Schulpflicht vom 7. bis zum 12.Lebensjahr im Jahr 1777 unter Kaiserin Maria Theresia durften fortan auch Mädchen die Schule besuchen.

Im Schuljahr 1808/09 besuchten nur 40 Schüler den Unterricht. Zu dieser Zeit brachten die napoleonischen Kriege große Verwüstungen über den europäischen Kontinent.

Im Schuljahr 1825 besuchten 189 Schüler den Unterricht. Dies ist die Höchstzahl an dokumentierten, schulpflichtigen Kindern im Schulgebäude. Der massive Anstieg der Kinderzahl ist u. a. auf die “friedlicheren” Zeiten und die Neuordnung Europas nach dem Wiener Kongress von 1815 zurückzuführen.

Unterricht in Ungarisch
Durch die Magyarisierungstendenzen, insbesondere ab 1879, wurde in allen Volksschulen in ungarischer Sprache unterrichtet. Nach den Gesetzesvorgaben von 1907 sollten die Schüler der vierten Schulstufe die ungarische Sprache in Wort und Schrift beherrschen. Auch die Schulbücher waren in ungarischer Sprache verfasst.

Im Schulgebäude wurde in der Amtssprache ungarisch unterrichtet, jedoch außerhalb des Schulgebäudes wurde größtenteils im deutschen Dorfdialekt gesprochen. Daher waren die Schüler der deutschen Rechtschreibung, des Lesens und der Grammatik nicht wirklich mächtig. An der Generation der Ur- und Großeltern konnte dies beobachtet werden.

Zwei Volksschulen in Jois
1910 wurde der Beschluss zum Schulneubau einer staatlichen Grundschule auf einem Areal der Marktgemeinde Jois, heute Untere Hauptstraße 42, [Nr. 32 verlinken] gefasst. Fortan wurden die 1. und 2. Schulstufe in dieser neuen “Staatsschule” unterrichtet. Die 3. bis zur 8. Schulstufe hingegen wurde in der alten römisch-katholischen Volksschule (Untere Hauptstraße 21) bis 1938 weitergeführt. 

Die Fotos „Schulklasse der alten röm.-kath. Volksschule, 1921 und Schulklasse der alten röm.-kath. Volksschule mit Lehrer Weiss, 1949“ zeigen die Schüler der römisch-katholischen Volksschule.

Aus der alten Volksschule wird eine Bäckerei
Nach dem Zweiten Weltkrieg wurde die alte römisch-katholische Volksschule nicht mehr eröffnet. Allerdings standen bis 1958 die beiden Klassenräume an diesem Standort weiterhin in Verwendung. Das alte Schulgebäude wurde 1960 von der Pfarre an die heutigen Besitzer verkauft. Eine Zeit lang wurde das Gebäude der alten römisch-katholischen Volksschule als Bäckerei und Wohnhaus genutzt. Das Bäckereigeschäft wurde in den 1970er Jahren aufgegeben und geschlossen.

Im Museum Jois kann noch eine originale Schulklasse aus 1935-1938, welche von diesem Schulstandort stammt, besichtigt werden.

Die Fakten und Daten wurden der Ortschronik „Jois – 800 Jahre und mehr“, verfasst von Msgr. Dr. Franz Hillinger (2008) entnommen.

Die historischen Ansichten des Objektes aus dem Archiv des Museums Jois dokumentieren die Architektur des Gebäudes. An der Fassade sind darauf die vertikalen Putzfaschen und rund um die rechteckigen Fensteröffnungen ebenfalls die Putzfaschen bzw. die Steingewände sichtbar. Unterhalb der Dachtraufe war ein profiliertes Gesims vorhanden. Die Dacheindeckung bestand ehemals vermutlich aus Tonziegeln. An jeder Seite der Dachschräge waren zwei Gaupenfenster mit Satteldach sichtbar. 

Innenansicht einer Bäckerei bzw. des Backofens
Die Fotos des Backofens wurden bei der Familie Pasler-Bäck um 1960 aufgenommen. 

Nr. 14
Errichtet
1758 I Erweiterungen im 19. Jh.
Eigentümer
privat

Rätselrally:

Welche Jahreszahl steht am Torbogen?

Was bedeutet die Inschrift am Torbogenschlussstein?   

Was ist ein Torbogenschlussstein?        

Wann und wie hoch war die größte Schüleranzahl?                   

Bis wann wurden Schüler in dieser Schule unterrichtet?Welches Handwerk war nach dem Schulbetrieb im Gebäude untergebracht?