Hackl-Keller

Weinkeller als historische Zeitkapsel erhalten

Historische Ursprünge
Das Kellerbauwerk wird als “Hackl Keller” bezeichnet, da dieses Bauwerk bis zum Ankauf durch die Marktgemeinde Jois im Besitz der Familie Hackl (Maria) stand. Die Ursprünge des Gebäudes reichen in das 19. Jahrhundert.

Am 18. Februar 2019 fasste der Gemeinderat den Beschluss dieses Kellerbauwerk mitsamt Liegenschaft und Inventar anzukaufen. Somit stand die gesamte Fläche zwischen den angrenzenden Straßenzügen für das Projekt des künftigen Gemeindezentrums zur Verfügung. 

Das Bauwerk wurde am 26. April 2019 durch Vertreter des Gemeinderates besichtigt und wie folgt vorgefunden:

Außenbereich
Die Giebelfläche ist glatt verputzt und es ist ein schachtartiges Bauwerk – die Mostrutsche – vorgelagert.

An der Sätzgasse befindet sich das ehemalige Presshaus, welches als Feuerwehrdepot genutzt wurde.

Innenaufnahme
Der Keller erstreckt sich über drei gewölbte Räume. Diese weisen folgende Abmessungen auf:

Presshaus         ca. 5,80m Länge x 4,70m Breite – Gewölbestichhöhe ca. 3,25m

Kellerraum       ca. 7,95m Länge x 4,70m Breite – Gewölbestichhöhe ca. 2,60m

Kellerraum       ca. 8,43m Länge x 5,60m Breite – Gewölbestichhöhe ca. 3,60m

Die Wand- und Gewölbeflächen sind generell verputzt.

Im ersten Raum vom Straßenbereich aus ist eine hölzerne Weinpresse vorhanden. Laut Inschrift am Pressbaum stammt die Presse aus dem Jahr 1918. Dies ist ein denkwürdiges Jahr, da es das Ende des Ersten Weltkrieges markiert. Gleichzeitig ist festzuhalten, dass diese Presse seit der Errichtung unverändert am selben Standort steht. Es wurde hier sozusagen eine Zeitkapsel in Bezug auf die vorhandene Einrichtung und Gerätschaft vorgefunden.

Im gesamten Raum lagern Fässer und diverses Weinbauzubehör. Man beachte, dass die Gerätschaften und Bottiche aus Holz bestehen. Kunststoff- oder gar Metallgefäße waren in der Zeit, als dieser Keller für die Weinproduktion genutzt wurde, nicht vorhanden bzw. vorstellbar.

Am Betonbecken – dem „Mostwandl” – rechts vom Eingang ist die Inschrift „Michael und Anna Hakl 1924“ sichtbar.  

Beim Türdurchgang zum mittleren Raum ist ein Natursteingewände mit einem Rundbogensturz vorhanden. 

Im mittleren Raum lagerten Natursteine, die vermutlich als Auflager der „Ganter“ dienten. Als „Ganter“ werden die waagrecht verlegten Holzbalken, auf denen die Holzfässer aufruhen, bezeichnet. In unserer Region waren meist rechteckige oder quadratische Natursteine als Unterlage der „Ganter“ gebräuchlich. Die Holzfässer wurden einerseits „aufgeständert“ gelagert, um das Holzmaterial vom meist feuchten Kellerboden zu distanzieren und andererseits um die Arbeitshöhe zum Bewirtschaften der Fässer zu erleichtern.

Der hintere Kellerraum unter dem Feuerwehrdepot bzw. oberirdischen Presshaus weist eine große Raumhöhe auf. In diesem Raum sind fünf Holzfässer vorhanden gewesen. Zwei Holzfässer weisen einen verzierten Fassboden auf. Die Holzfässer wurden zwischenzeitlich aufgrund des morschen Zustandes demontiert und abtransportiert.

An den Wand- und Gewölbeflächen wurden in der Zwischenzeit der Verputz abgeschlagen und die Natursteinflächen gereinigt.

Baugeschichte und Lage
Baugeschichtlich ist davon auszugehen, dass die ersten beiden Kellerräume vor 1918 schon bestanden haben, da die Weinpresse dieses Datum aufweist. Im Bauakt der Liegenschaft befindet sich ein Plan für die Erweiterung des hinteren Kellerraumes sowie des darüber situierten Presshauses. Dieser Plan weist keine Datumsangabe auf, jedoch sind die Stempelmarken mit einem Gemeindestempel, welcher ein Hakenkreuz beinhaltet, entwertet. Daraus ist zu schließen, dass der Plan des Zubaus nach dem Anschluss von Österreich an das Deutsche Reich, also nach 1938, eingereicht wurde.

Aus der Lage in unmittelbarer Nähe zu den Weinbergen östlich und westlich der Pfarrkirche – Ried Kirchberg – ist von kurzen Transportwegen der Weinernte zum Presshaus auszugehen.

Baugeschichte des Kellers
Dass die Lagerung von Wein von einigen Faktoren abhängig ist, war schon in der Antike und den frühen Hochkulturen bekannt. Insbesondere geht es für eine längere Lagermöglichkeit des Weines um eine konstante Temperatur, konstante Luftfeuchtigkeit und (kein!) Tageslicht.

Die frühen Hochkulturen lagerten den Wein in Tonamphoren mit bis zu 30 Liter Inhalt. Diese wurden bis zum Amphorenhals im Erdreich vergraben. Die Füllöffnung wurde mit Bienenwachs verschlossen. Über die flüssigkeitsdichten Amphorenwände konnte zwar ein gewisser Luft-/Gasaustausch stattfinden, aber der Weininhalt war vor weiteren Veränderungen wie Nachgärung, Fäulnis etc. geschützt.

Der Kellerbau war im Mittelalter aufgrund der intensiven Kosten meist nur Städten, Klöstern und Adeligen vorbehalten. Für die einfache Ortsbevölkerung, Bauern und Handwerker, waren nur kleine Kellerräume zur Lagerung von Wein und Lebensmitteln im Wohnhausverband möglich bzw. leistbar.

In Jois wurden im Herrschaftskeller – die Neunt- und Zehentabgaben als Naturalabgaben eingehoben. Die Traubenernte bzw. die Abgabemenge wurde direkt im Herrschaftskeller eingepresst und weiterverarbeitet. Die Edelhöfe von Jois hatten ebenfalls eigene Pressen und entsprechende Lagermöglichkeiten. Der übrige Teil der Weinernte konnte von den Bauern selbst eingepresst werden.

Am Beginn des 18. Jahrhunderts waren aufgrund der klimatischen Verhältnisse gute Weinerträge möglich. Eine weitere Steigerung brachte die Bauernbefreiung und Neuordnung der Grundverhältnisse nach dem Revolutionsjahr von 1848. Vor diesem Hintergrund wurden meist außerhalb des damaligen Siedlungsgebietes Kellerräume zur Lagerung der Weinmengen, unter Nutzung der topografischen Verhältnisse, geschaffen. Bald darauf wurde auch die Weinproduktion in diese Keller – durch das Anordnen des Presshauses – verlagert.

Die Presshäuser lagen immer unterhalb des angrenzenden Niveaus. Dies ist dem damaligen Arbeitsablauf geschuldet. Die Größe der Presse war an die Größe des Presshauses angepasst. Die meisten Presshäuser weisen eine ähnliche Raumkonfiguration auf. 

Funktionsbeschreibung der historischen Weinproduktion
Diese im Keller vorhandene Presse wird der Kategorie der Baumpressen zugeordnet. 

Der waagrecht verlaufende Träger wird als Pressbaum oder nur „Baum“ bezeichnet. Am hinteren Ende ist dieser mit einem Gelenk mit der Presse verbunden. Am freien Ende steht der Baum über die Spindel mit dem Steingewicht – dem Pressstein – in Verbindung. Die Spindel fehlt in diesem Fall. Der Pressstein ist in der entsprechenden Bodenausnehmung vorhanden.

Unter dem Pressbaum befindet sich der Presskorb, der umgangssprachlich als „Kor“ bezeichnet wird. Auch dieser fehlt hier – es lagert nur ein hölzerner Bottich an dieser Stelle. Der Pressbaum wird durch die Riegel in die entsprechende Position gebracht.

Das Foto „Eigentümer Ökon.Rat Josef Hillinger“ zeigt eine Baumpresse mit intaktem Presskorb.

Mitte des 20. Jahrhunderts wurden die alten hölzernen Baumpressen durch “moderne” Baumpressen aus Stahlträger ersetzt. 

Die Weintrauben wurden im Weingarten in einen Bottich oder Lesetrog gefüllt. Dieser wurde auf dem “Loatawagen“, zum Presshaus gebracht. Dort wurden die Weintrauben händisch aus dem Bottich geschaufelt und über eine Holzrutsche ursprünglich in einen anderen Bottich im Keller, später in das betonierte “Mostwandl”, befördert. Hier kam es erstmals zur Trennung des frischen Mosts von der Maische. Hernach wurde die Maische händisch in den Presskorb gefüllt.

Zuvor wurden die Latten des Presskorbes mehrere Stunden in Wasser gelegt, um zu verhindern, dass vom trocken gelagerten Holzmaterial zu viel Most aufgenommen wird. Der Presskorb wurde oben mit einem Deckel verschlossen. Der Deckel wurde als „die Gans“ bezeichnet. Zwischen dem Deckel und dem Pressbaum wurden Holzbalken zur Kraftübertragung eingelegt.

Der Pressbaum ist in diesem Stadium in seiner höchsten Position. Der Pressstein wurde über die Spindel aktiviert, so dass das Gewicht des Presssteines über den Pressbaum auf die Maische im Presskorb geleitet wurde. Dadurch wurde die Maische gepresst und der austretende Most auf den Presstisch abgeleitet. Hier wurde über eine gezielte Öffnung der Most in Schaffeln oder Kübeln aufgefangen. Diese wurden händisch in die Fässer geleert.

Ein Pressvorgang dauerte bei dieser Methode je nach Fassungsvolumen des Presskorbes zwischen mehrere Stunden bis zu einem halben Tag. Später ging man dazu über, im Untersatzl – eine in den Fußboden integrierte Auffangwanne – den Most zu sammeln und mittels Pumpen in die Fässer zu befördern. Danach wurde der abgesenkte Pressbaum händisch in die Ursprungslage gebracht. Der Presskorb wurde geöffnet und die ausgepresste Maische – der Trester – entfernt. Der Trester wurde als Dünger in die Weingärten und Ackerflächen ausgebracht.

Nach dem Pressvorgang wurden alle Anlagenteile gründlich gesäubert und bis zur nächsten Weinlese im Trockenen, meist am Dachboden der Wohnhäuser, gelagert. In den Fässern wurde der Wein den damaligen Techniken entsprechend vergoren und weiterbearbeitet.

Nr. 13
Errichtet
Vor 1918
Eigentümer
Marktgemeinde Jois

Rätselrally:

Wann wurde das “Mostwandl” errichtet?                                 

Wie viele Räume sind im Kellerbereich vorhanden?                   

Wann wurde die Weinpresse errichtet?                        

Welcher Typ der Presse ist hier vorhanden?                  

Benenne die Bauteile einer Baumpresse?                     

Erkläre die Funktionsweise der Weinpresse?                 

Was ist ein „Ganter“?