“altes” Feuerwehrhaus
Freiwillige Feuerwehr (FF) Jois seit 1905
In aller Kürze die wichtigsten Daten…
Das alte Feuerwehrhaus wurde 1966 als Neubau in Betrieb genommen. Die feierliche Einsegnung des Gebäudes erfolgte durch Bischof DDr. Stefan Laszló. Durch diesen Neubau hatte die Freiwillige Feuerwehr Jois 61 Jahre nach ihrer Gründung einen Neubau zur Unterbringung der Gerätschaft und der Fahrzeuge bekommen. Zuvor diente der Freiwilligen Feuerwehr Jois die baulich adaptierte Fleischbank am Dorfplatz vor der alten röm.-kath. Volksschule als Gerätehaus.
Das Gebäude wurde an diesem Standort bis 2015 genutzt. Zu den wichtigsten Errungenschaften gehörten das 1967 erworbene erste motorisierte Löschfahrzeug, 1987 das Tanklöschfahrzeug sowie 1997 das Löschfahrzeug mit Bergeausrüstung. Die Freiwillige Feuerwehr Jois besitzt auch noch den historischen und funktionsfähigen Spritzenwagen aus 1905.
Die historischen Anfänge der FF Jois
Die Freiwillige Feuerwehr Jois wurde 1905 gegründet. Als Feuerwehrhaus diente ursprünglich die Fleischbank vor der ehemaligen römisch-katholischen Volksschule (siehe auch Station Nr. 14)
Erste Aufzeichnungen über Mitglieder und Reservisten finden sich in den ab 1928 noch vorhandenen Grundbüchern der Feuerwehr – siehe auch Festschrift der Feuerwehr 1905 – 2005 anlässlich der 100 Jahr-Feier der Feuerwehr aus 2005.
Auf dem Foto sieht man folgende Personen:
am Brunnen: Schuldirektor Josef Lichtscheidl
rechts daneben: Andreas Hübel, Andreas Steidl, Mathias Jäger, Ludwig Pfeller, Johann Glanz, Emmerich Pfemeter, Rudolf Kiss, Adolf Frittum, Martin Pfemeter, N.N.
am Wagen sitzend: Lorenz Ehrenreiter,
rechts daneben: Johann Heinrich, N.N., N.N., N.N.
links daneben: Mathias Fischbach, Josef Hillinger
vor Mathias Fischbach (2.Reihe): Fritz Weber
links neben Brunnen: N.N., N.N.
N.N. Die Identität der Personen ist leider nicht mehr feststellbar
Mit Gründung der Freiwilligen Feuerwehr Jois wurde ein „Spritzenwagen“ mit Handdruckpumpe der der Firma Sternberg&Kalman in Budapest angeschafft. Aufgrund des Herstellungsortes war es naheliegend, dass dieses Gerät vor der Auslieferung von der Budapester Feuerwehr ausprobiert wurde. Danach wurde der „Spritzenwagen“ von der Neusiedler Feuerwehr getestet. Der Kaufpreis betrug 1.818 Kronen und 19 Heller.
Für eine Ausfahrt mussten ehemals ein bis zwei Pferde eingespannt werden. Dafür wurde ein Bereitschaftsdienst eingerichtet – Bauern mussten abwechselnd ihre Pferde zu Hause bereitstellen und durften in dieser Zeit nicht aufs Feld ausfahren.
Funktionsweise:
In der Wagenmitte ist eine flüssigkeitsdichte Wanne mit einem Fassungsvermögen von 200 Litern und einer integrierten Doppelkolbenpumpe. Hier muss vorweg Wasser eingefüllt werden. Durch die Betätigung des Wiegehebels an beiden Enden von je zwei Mann kann die Doppelkolbenpumpe betrieben werden. Von vier kräftigen Männern kann eine Spritzenwurfweite des Wasserstrahls von ca. 35 m erreicht werden.
In der Nähe von Hausbrunnen oder Gewässern konnte die seitliche Ansaugvorrichtung mit Saugschläuchen versehen und zum Ansaugen des Löschwassers verwendet werden. Bei größeren Distanzen zu Löschwasserreserven musste das Löschwasser mit Hilfe von Kübeln händisch zum Wagen transportiert und in die Wanne geleert werden, um den Spritzenbetrieb zu gewährleisten. Anhand der Fotos „Historischer Spritzenwagen“ ist der Betrieb veranschaulicht.
Erst später wurde dann ein „modernerer“ Pferdewagen mit 2-Takt-Motorspritze angeschafft. Im Juni 1957 wurde zusätzlich ein neuer Traktoranhänger von der Firma Brantner, Laa a.d. Thaya mit neun Sitzplätzen und einer TS (Tragkraftspritze) angekauft.
Seit diesem Zeitpunkt wurde der alte Spritzenwagen nicht mehr verwendet, verblieb aber weiterhin im Feuerwehrhaus. Erst 1967, als das neue Auto Ford Transit angeschafft wurde, kam der Spritzenwagen aus Platzgründen in das Ortsmuseum der Gemeinde Jois.
Im Laufe der Jahre wurden die Räder vom Holzwurm befallen und drohten zu brechen. Um die Kutsche weiter zu erhalten, beschloss das Kommando der FF Jois im Jahr 2008 daher, die Räder fachgerecht von der Firma Staudner, Wagnerei und Kutschenbau in Wien restaurieren zu lassen. Weitere Reparaturen sowie das notwendige Lackieren wurden laufend durch Kameraden der Feuerwehr durchgeführt.
Mit dem Neubau des Feuerwehrhauses an der Oberen Hauptstraße (siehe auch Station Nr. 39) wurde der Spritzenwagen ebenfalls dorthin übersiedelt und ist seither im dortigen Stiegenhaus aufgestellt.
Auf dem Foto „Mannschaft um 1920“ sieht man Mitglieder der Freiwilligen Feuerwehr Jois um 1920, im Hintergrund die alte römisch-katholische Volksschule. Hinter der Mannschaft ist teilweise der alte von Pferden gezogene Feuerwehrwagen mit Ausrüstung und Motorspritze zu sehen.
Gerätehaus der Freiwilligen Feuerwehr Jois nach dem Umbau der Fleischbank
Errichtung des Schlauchturms
Im Jahr 1932 wurde ein Schlauchturm als Zubau zum Gemeindeamt errichtet. Die Begründung zur Zustimmung durch den Gemeinderat lautete: “Dadurch könnten die Schläuche nach Einsätzen und Übungen besser trocknen und ihre Haltbarkeit wesentlich erhöht werden.” Die Ausgaben für diesen Turm betrugen 1.781,- ATS (Österreichische Schilling).
Beschluss zum Neubau und zur Errichtung des Feuerwehrhauses
Im März 1960 wurden aufgrund des desolaten Zustandes des bestehenden Gemeindeamtes erste Überlegungen angestellt, um einen Neubau zu errichten. Diesem Vorhaben stimmten die politischen Vertreter grundsätzlich zu.
Es war geplant etappenweise eine so genannte „Amtmannwohnung“ (d.h. eine Wohnung für den Büroleiter des Gemeindeamtes), das Feuerwehrhaus sowie das Gemeindeamt mit Postamt und Raiffeisenbankfiliale zu errichten. Begonnen wurde zunächst mit der „Amtmannwohnung“ und dem Feuerwehrhaus.
Die Bauarbeiten zum Neubau des Feuerwehrhauses begannen im Jahre 1964. Am 10. Juli 1966 wurde das Feuerwehrhaus durch Bischof DDr. Stefan Laszló gesegnet. Dadurch bekam die Freiwillige Feuerwehr Jois erstmalig seit der Gründung 1905 (damals vor 61 Jahren) einen Neubau zur Unterbringung der Gerätschaft und der Fahrzeuge!
Welche Räume umfasste das alte Feuerwehrhaus?
Im Erdgeschoss – auf Dorfplatzebene – befanden sich zwei Stellplätze für die Fahrzeuge der Feuerwehr, ein WC, eine Dusche, welche seitens der Landesfeuerwehr vorgeschrieben war, aber nie benützt wurde, sowie eine Waschgelegenheit und ein Werkstättenkammerl. Im Obergeschoss gab es einen Schulungsraum.
In den beiden Räumen hinter diesem Schulungsraum und im Erdgeschoss rechts neben dem Stiegenaufgang befinden sich bis heute auch die Technikräume der Österreichischen Post AG für das Telefonnetz der Gemeinden Jois und Winden.
Das neue Tanklöschfahrzeug von 1987 – erforderliche Umbauten
Im Jahre 1987 wurde ein neues Tanklöschfahrzeug (TLF) mit 1.800 Liter Wassertank angeschafft. Die Toröffnungen hatten für die bisherigen Fahrzeuge Ford Transit und den Traktoranhänger vollkommen ausgereicht. Um aber das neue, im Vergleich zu den alten Fahrzeugen viel höhere TLF im Feuerwehrhaus einstellen zu können, mussten die Torüberlager entfernt und neue Tore eingebaut werden. Die umfangreichen Adaptierungsarbeiten wurden in Eigenregie durch Feuerwehrkameraden erbracht. Am 16. Juli 1987 erfolgte die Segnung des neuen Fahrzeuges im Zuge eines Festaktes.
1989 wurde ein neues Mannschaftstransportfahrzeug vom Typ Mercedes MB 100 (mit 9 Sitzen) angekauft, weil der alte Mannschaftsbus bereits seit 10 Jahren im Einsatz und vorher ebenfalls 10 Jahre im Dienst des Bundesheers war.
Der sanierte Schulungsraum
Im Jahre 1991 wurde der Schulungsraum saniert. Im Zuge dessen wurden neue Fenster eingebaut sowie die Decke isoliert und mit Holz verkleidet. Sowohl die Heizungsinstallation als auch die Möblierung wurden erneuert. Die Kosten dafür wurden mit 150.000,- ATS (Österreichische Schilling) zuzüglich der Eigenleistung veranschlagt.
Das neue Feuerwehrfahrzeug von 1997 – weitere Umbauarbeiten
Im Jahr 1997 wurde ein neues Feuerwehrfahrzeug, das LF-B (Löschfahrzeug mit Bergeausrüstung) über die Finanzierung durch die Marktgemeinde Jois, das Land Burgenland und die Freiwilligen Feuerwehr Jois angeschafft.
In den 1990er Jahren erfolgten weitere Umbauarbeiten im Feuerwehrhaus (Verlegung einer neuen Wasserzuleitung etc.). Auch der Vorplatz vor dem Feuerwehrhaus wurde neu gepflastert. Die Umbauarbeiten wurden von der Feuerwehr und der Marktgemeinde Jois erbracht und zeitgerecht vor der Fahrzeugsegnung fertiggestellt.
Das neue Fahrzeug sowie das adaptierte Gebäude wurden am 3. Mai 1998 gesegnet und der Ortsbevölkerung präsentiert.
Aus Platzgründen musste nun das alte Feuerwehrfahrzeug Ford Transit ausgemustert werden. Im Zuge des Festaktes wurde das Fahrzeug an die Feuerwehr unserer Partnergemeinde Levél (Ungarn) übergeben.
Weitere Adaptierungen
Ein weiterer größerer Umbau erfolgte 2002. Die Dusche wurde entfernt, eine Zwischenwand abgerissen und dadurch Platz für den Einbau einer Küchenzeile geschaffen. Weiters wurden in der Fahrzeughalle einige Spinde für die Einsatzbekleidung aufgestellt. Aus Platzgründen konnte nicht allen aktiven Mitgliedern ein Spind zur Verfügung gestellt werden.
Die Fahrzeughalle ist längst zu klein geworden. Der Einachsanhänger mit der TS (Tragkraftspritze Rosenbauer) sowie diverse andere Geräte mussten bereits seit 2002 im Presshaus vom ‚Hackl-Keller‘ (leihweise von der Familie Maria Hackl zur Verfügung gestellt) untergebracht werden.
Fuhrpark der FF Jois vor dem Feuerwehrhaus
Zum Zeitpunkt der Aufnahme um 2000.
Veranstaltungen
Auf dem Platz vor dem Feuerwehrhaus wurden sehr oft und gerne diverse Frühschoppen und Feste veranstaltet. Der Vorplatz war dafür ideal geeignet, weil er vor dem bei uns in Jois häufig auftretenden Nordwestwind geschützt liegt.
Nutzung des Gebäudes durch die FF Jois
Das Feuerwehrhaus war von 1966 bis zum 30. April 2015 am Standort Untere Hauptstraße 23 für die Freiwillige Feuerwehr Jois in Verwendung.
Durch die beengten Platzverhältnisse für Fuhrpark, Gerät und Mannschaft wurde von der Gemeindeverwaltung der Neubau auf der Spiegelhöhe – Ortseinfahrt Ost – beschlossen.
Derzeitige Nutzung
Seit dem Auszug der Freiwilligen Feuerwehr Jois wird der ehemalige Schulungsraum vom Musikverein Jois als Proberaum verwendet. Die Räume im Erdgeschoss werden als Lager- bzw. Schlechtwetterflächen für Veranstaltungen am Dorfplatz genutzt.
Weitere Informationen
Weitere Informationen können der Festschrift anlässlich 100 Jahre FF Jois aus 2005 sowie der Homepage der Feuerwehr unter www.ff-jois.at entnommen werden.
Die Mannschaft der Freiwilligen Feuerwehr Jois im Wandel der Zeit
Weiterführende Informationen erhalten Sie bei der Station „neues Feuerwehrhaus“ an der Oberen Hauptstraße (siehe auch Station Nr. 39).
































Rätselrally:
Wann wurde die FF Jois gegründet?
Wann wurde dieses Gebäude errichtet?
Gab es in Jois einen Schlauchturm?
Wo war die FF Jois vor dem Neubau stationiert?
Warum wurden 1987 die Tore zur Fahrzeughalle geändert?
Bis wann war das alte Feuerwehrhaus an diesem Standort in Betrieb? Welche Nutzung hat das Gebäude seit dem Auszug der FF Jois?
Gemeindeamt
Gemeindeamt Jois
Historie
Zum besseren Verständnis werden zuerst die Entwicklung der Rechtsprechung und die historischen Funktionen der Gemeindeverantwortlichen erörtert.
Gerichtsbarkeit
Wenn wir an das Mittelalter denken, sollte uns bewusst sein, dass das einfache Volk damals weder lesen noch schreiben konnte – mit einigen wenigen Ausnahmen. Und dass der Tod eine wesentlich größere Rolle im Leben eines jeden einzelnen spielte, als dies heutzutage in der Regel der Fall ist. Vor diesem Hintergrund wurden sowohl Verhandlungen als auch Hinrichtungen öffentlich vollzogen. Auf diese Weise konnten sich die Menschen aktiv am Rechtsleben beteiligen. Vor der Verurteilung wurden nochmals die Ver- und Gebote gepredigt und die Bevölkerung somit daran erinnert, was rechtens ist und was nicht. Und natürlich sollte der Vollstreckungsakt als Abschreckung dienen. Dass diese Justiz als Volksjustiz ausgelegt werden kann, zeigen etwa auch die Schand- bzw. Ehrenstrafen, bei denen der Verurteilte z.B. an den Pranger gestellt und dem Volk und dessen Spott hilflos ausgesetzt worden war. Die Volksjustiz ist jedoch nicht mit willkürlicher Lynchjustiz zu verwechseln!
Obwohl klar geregelt war, was Recht und was Unrecht ist, basierte die Rechtsprechung bis in das 13. Jahrhundert hinein größtenteils auf überliefertem Gewohnheitsrecht: das heißt, so wie es von den Vorfahren gehandhabt worden war, so wurde es auch weiterhin gehalten. Traditionen wurden überliefert, ebenso die Verfahren im Schadensfall. Erst im 13. Jahrhundert wurde beispielsweise der Sachsenspiegel verfasst, der das Recht schriftlich fixierte. In Norddeutschland wurde dieser verbindlich angewandt und erlangte dadurch Vorbildcharakter.
Das damalige Verständnis von Ehre war übrigens ein anderes als heutzutage. Damals umfasste die Ehre das soziale Ansehen, den Ruf und den Leumund. Der Begriff der Ehre betraf somit die Person in ihrer Gesamtheit.
Die weltliche Gerichtsbarkeit
Die Gerichtsbarkeit, also Rechtsprechung bzw. -pflege, wurde in die Hohe und in die Niedere Gerichtsbarkeit eingeteilt. Dies betraf die weltlichen Gewalten, abgesehen davon gab es noch die kirchliche Gerichtsbarkeit, die nach dem kanonischen (= päpstlichen) Recht richtete.
Hohe Gerichtsbarkeit
Die Hohe Gerichtsbarkeit bzw. auch Blut- oder Halsgerichtsbarkeit, auch bekannt als Blutbann und als Vogteirecht, war – wie der Name schon erahnen lässt – für die Körper- und Lebensstrafen zuständig und hat ihren Ursprung – wie so oft – bei den Römern.
Das sogenannte „Schwertrecht“, Ius gladii, bestand seit dem Römischen Reich und beinhaltete die rechtliche Bevollmächtigung, dass außerhalb Roms Todesstrafen ausgesprochen und durchgeführt werden durften. Dieses Recht wurde im Rahmen der Kapitalgerichtsbarkeit (für Kapitalverbrechen) unabhängig vom Stand römischen Statthaltern verliehen und bedurfte keiner kaiserlichen Bestätigung. Hat eine gerichtliche Instanz dieses Recht nicht verliehen bekommen, musste die Rechtsprechung an den römischen Kaiser abgegeben werden. Außerdem war dieses Recht zur Blutgerichtsbarkeit ausschließlich den Römern vorbehalten.
Das Wort Kapital lässt sich vom lateinischen capitalis ableiten, was so viel wie „den Kopf betreffend“ bedeutet. Damit wusste damals wohl jeder, was auf einen zukommt…
Seit dem 12. Jahrhundert gehörten auch Friedensbruch und Freiheits- sowie Liegenschaftsstreitigkeiten zu den Angelegenheiten dieser Gerichtsbarkeit, wobei das Hauptaugenmerk weiterhin auf Straftaten wie z.B. Raub, Mord, Hexerei usw. und somit der Todesstrafe lag.
Ähnlich wie im antiken Rom erteilte bzw. übertrug auch hier der Grundherr die Befugnis, die Blutgerichtsbarkeit ausüben zu dürfen, an die Herren des dafür zuständigen Landgerichtes (= Blutbannleihe). Der Stadtrichter konnte auch als Vertreter des Landesfürsten agieren, ab dem 13. Jahrhundert wählten die Bürger direkt den Amtsrichter. Im Hochmittelalter hatte der Landesfürst die oberste Gerichtsgewalt inne.
Seit dem 16. Jahrhundert bis 1848 gab es auch noch den landesfürstlichen Bannrichter, der als Kontrollorgan fungierte. Des Weiteren wurde die Hohe Gerichtsbarkeit für adelige Landstände von einem eigenen Landgericht, dem sogenannten „Adeliches Criminal-Judicium“, unter dem Vorsitz des Landeshauptmannes ausgeübt.
Zusammenfassend ist festzuhalten, dass das Schwertrecht ausschließlich dem Regenten – dem ungarischen König, den nachgeordneten Dienststellen in den Komitaten, für Jois war das – Ungarisch-Altenburg, sowie dem Grundherrn oblag.
Niedere Gerichtsbarkeit
Die Niedergerichte, die sich im Fall von Jois unter der Kontrolle der Grundherren befanden, urteilten in erster Instanz über leichtere Vergehen. Sie waren für zivil- und strafrechtliche Aufgaben, die sich unter anderem mit Schand- und Ehrstrafen, Schuld- und Fahrnisklagen sowie mit leichten Straftaten beschäftigten. Auch das Erbrecht, Grenzstreitigkeiten, die Registrierung und Überwachung von Verkäufen fielen in ihre Zuständigkeit. Folter durfte nicht angewendet, schwere Leibesstrafen und die Todesstrafe durften nicht verhängt werden.
Da der Grundherr bzw. dessen Vertreter nicht in allen Dörfern, Märkten und Städten ad personam anwesend sein konnten, wurden Klein- bzw. Marktrichter zur Abwicklung der Rechtsprechung eingesetzt. Nur Märkte hatten das Privileg der niederen Gerichtsbarkeit. Die Aufgabe des Richters war die Aufrechterhaltung der Ordnung im Dorf bzw. im Markt und die Rechtsprechung in niederer Instanz. Der Richter wurde auf Vorschlag der Grundherrschaft von den Dorfbewohnern gewählt, der Amtsvorgänger hatte den Richterstab, den Schlüssel zur Marktlade und das Marktsiegel zu übergeben. Seine Kompetenzen erstreckten sich zum größten Teil auf die Ahndung von Flurdiebstählen, die Schlichtung von Streitigkeiten, auch von kleineren Besitzstreitigkeiten sowie auf das Vorgehen von Ordnungsstörern, die Feuerbeschau und die Zuweisung des Robots.
Aus dem ursprünglichen Betätigungsfeld des Richters wurde mit der Zeit die Bezeichnung Marktrichter. Der Marktrichter ist dem heutigen Gemeindeoberhaupt – dem Bürgermeister – gleichzusetzen. Er residierte in seinem eigenen Haus und erledigte von dort oder von der Wohnung des Notärs aus die Amtsgeschäfte.
Die Marktrichter von Jois sind ab 1429 belegt und können in der Ortschronik „Jois, 800 Jahre und mehr“, verfasst von Msgr. Dr. Franz Hillinger, 2008, auf Seite 159 nachgelesen werden. In der Rechtsprechung der Vergangenheit waren die Geschworenen Zeugen und Berater des Richters zugleich. Aus diesem System entwickelte sich mit der Zeit das Gremium des heutigen Gemeinderates.
Über die Verleihung des Marktrechtes an die Gemeinde Jois konnten bisher keine Dokumente aufgefunden werden. Die Erhebung der Gemeinde Jois zum Markt ist aber sicher spätestens 1429 erfolgt, da in diesem Jahr erstmals ein Marktrichter von Jois dokumentiert ist.
Marktrichter der Marktgemeinde Jois ab 1890 bis 1921
Folgende Marktrichter waren für die Marktgemeinde tätig:
1890 bis 1893 Matthias Ehardt
1893 Michael Pasler
1895 bis 1897 Michael Fischbach
1897 bis 1899 Josef Pasler
1899 bis 1903 Matthias Hübl
1903 bis 1905 Stefan Treiber
1906 bis 1909 Josef Pasler
1909 bis 1912 Michael Hackl
1912 bis 1918 Jakob Kiss
1919 bis 1920 Lorenz Jäger
1929 bis 1921 Jakob Kiss
Freihand
Den früheren Marktrichtern (Bürgermeistern) war die Strafgewalt „ausgenommen was Kriminal betrifft“ überlassen, weil es damals keine Bezirksgerichte gab. Verbrechen konnten nicht vor dem Marktrichter, sondern dem für Jois zuständigen Landgericht Ungarisch-Altenburg gesühnt werden. Wegen der uneinheitlichen Rechtsprechung durch die Marktrichter wurden deren Rechte allmählich geschmälert sowie die Strafgewalt dahingehend eingeschränkt, dass die Marktrichter nur nach solchen Übertretungen Strafen verhängen konnten, die in Verbindung mit dem Markt begangen wurden.
Nach außen wurde der Tag, an dem der Marktrichter Strafgewalt ausüben konnte durch Ausstecken der „Freihand“ am Gemeindeamt angezeigt. Die „Freihand“ wurde eine Woche vor sowie bis eine Woche nach dem Markttag ausgesteckt. Ausstecken und Einziehen wurde durch Glockengeläute angezeigt. Durch das Ausstecken der Freihand wurde den Markthändlern bereits bei der Ankunft und den Marktvorbereitungen gezeigt, dass die örtliche Obrigkeit den Marktfrieden zu sichern gewillt und in der Lage war. Gleichzeitig bedeutete es, dass Vergehen während des Marktfriedens rascher und härter abgehandelt wurden, um den Handel zu gewährleisten und somit die örtliche Wirtschaft zu beleben, während andere, weniger wichtige Strafverfahren in dieser Zeit zurückgestellt und später abgehandelt wurden.
Um 1811 ist den Marktrichtern diese Strafgewalt endgültig aberkannt worden. Seither war das Ausstecken der „Freihand“ nur mehr symbolisch zu verstehen. In St. Margarethen hat sich das Ausstecken der „Freihand“ bis heute als Brauch erhalten, indem letztere zwei Wochen vor und nach dem Jahrmarkt am 24. Juni öffentlich am Pranger ausgehängt wird.
Das Original der Freihand kann im Ortsmuseum Jois besichtigt werden, welches eine der wenig erhaltenen Rechtssymbole der niederen Gerichtsbarkeit in Ostösterreich bzw. dem ehemaligen Deutschwestungarn ist.
Allgemeine Verwaltung
Die Verwaltungsagenden wurden ausnahmslos von der Grundherrschaft bzw. deren beauftragten Beamten ausgeführt. Zu dieser Zeit war die Einhebung der allgemeinen Abgaben wie Neunt, Zehent, etc. sowie die Durchführung der Naturalleistungen wie Hand- und Zugrobot, etc. für die Verwaltungsbeamten von Interesse. Diese Beamten wurden vom Grundherrn bestellt und hatten Ihren Amtssitz in Ungarisch-Altenburg.
Der Richter und die Geschworenen waren somit der verlängerte Arm des Herrschaftsverwalters. Der Schullehrer übernahm gegen gesonderte Vergütungen sozusagen vorab die Agenden des Notärs der Gemeinde für allgemeine Schreib- und Verwaltungsarbeiten.
Änderungen durch die Revolution 1848
Die Adelsvorrechte, also vor allem die Steuerfreiheit, wurden aufgehoben und damit die “Bauernbefreiung” im Frühjahr 1848 eingeleitet – früher als in Österreich, wo sie von Hans Kudlich erst im September 1848 im Reichstag beantragt wurde. Die grundherrschaftliche Gerichtsbarkeit wurde endgültig abgeschafft und von den Komitaten übernommen (Zivilsachen von den Stuhlrichtern, Kriminalsachen von den Komitatsgerichten).
Abgeschafft wurden alle Dienstleistungen, Natural- und Geldabgaben an die Grundherrschaft. Auch die schwierigen Fragen der Kommassierung, der Abtrennung der Hutweiden und der Waldnutzungsrechte wurden prinzipiell geregelt und Grundsätze zur Entschädigung der früheren Grundherren beschlossen. Der geistliche Zehent wurde entschädigungslos aufgehoben., die niedere Geistlichkeit sollte durch staatliche Zuwendungen erhalten werden. Die Avitizität (lateinisch aviticitas, ius aviticum, ungarisch ősiség ist ein historischer Rechtsbegriff für die Unveräußerlichkeit adeligen Grundbesitzes im Königreich Ungarn) wurde nun endlich abgeschafft.
Nach dem Revolutionsjahr 1848 wurden viele Aufgaben, welche bis dahin vom Grundherren – Jois gehörte zur Herrschaft Ungarisch Altenburg – den Gemeinden In der Folge wurde der Administrationsaufwand so umfangreich, dass ein eigener Notär anzustellen war, der die heutige Funktion des Amtmannes ausübte.
Der erste belegte Notär war Georg Polreis, der zuvor schon als Volksschullehrer der römisch-katholischen Volksschule die schriftlichen Arbeiten durchgeführt hatte. Das Areal des heutigen Gemeindeamtes war im Jahre 1856 im Besitz des Notärs Georg Polreis und seiner Gemahlin Katharina, geb. Treiber. Nach 1871 wurde das Haus an die Marktgemeinde verkauft und dient seither als Standort der Gemeindeverwaltung. Es war lange Zeit neben dem Amtshaus auch die Wohnung des Notärs. In diesem Gebäude war auch eine Lehrerwohnung untergebracht.
Nach dem Ersten Weltkrieg
Von 1923 bis 1925 wurden die Räume des Kanzleigebäudes sowie die Wohnungen saniert. Ein Sitzungsraum wurde im Bestand adaptiert.
Im Jahre 1928 wurde die Lehrerwohnung rechts der Einfahrt frei. Die Kanzleiräume wurden daher auf diese Seite verlegt. Aus dem Sitzungsraum wurde die Dienstwohnung für den Amtmann und aus den ehemaligen Kanzleiräumen die neue Lehrerwohnung eingerichtet.
Im September 1929 wurde die Errichtung eines Schlauchturmes vom Gemeinderat beschlossen. Die bauliche Umsetzung erfolgte 1932.
Ein düsterer Tag während des Zweiten Weltkrieges
Im Zweiten Weltkrieg wurden am 21. September 1941 die “Zigeuner” auf Befehl des NS-Regimes abtransportiert.
Anmerkung des Autors bzw. der Redaktion: “Zigeuner“- diese Bevölkerungsgruppe wurde damals vom NS-Regime und ebenso von der Ortbevölkerung so bezeichnet. Die heute korrekte Bezeichnung als “Roma und Sinti” ist bekannt, wird jedoch aufgrund des Kontextes zur Zeitgeschichte bewusst nicht verwendet.
Der Ablauf wird nach den damaligen Zeugenaussagen wiedergegeben:
Alle Zigeuner wurden aus deren Unterkünften auf der Spiegelhöhe bzw. am Krotzen von NS-Soldaten geholt, welche von Joiser Jägern unterstützt wurden, und hernach über die Obere und Untere Hauptstraße in den Innenhof des Gemeindeamtes getrieben. Siehe dazu auch Station Nr. 40 (Verlinkung). Dort erfolgte die Registrierung “der nach Jois heimatberechtigten Zigeuner” anhand von Personenlisten. Laut dieser Liste ist von ca. 85 Personen, welche abtransportiert wurden, auszugehen.
Das Foto „Zigeuner“ im Innenhof des Gemeindeamtes, 1941“ zeigt diese Personengruppe im Innenhof des Gemeindeamtes. Nach der Registrierung wurden diese Menschen mit Lastwägen in das Zwischenlager Lackenbach im Bezirk Oberpullendorf abtransportiert. Von Lackenbach aus wurden die Menschen der NS-Ideologie folgend in weitere (Vernichtungs-)Lager gebracht.
Von den 85 abtransportierten “Zigeunern“ kehrten bis 1950 nur 15 Personen nach Jois zurück.
Nach dem Zweiten Weltkrieg zum Neubau
Im März 1960 wurden aufgrund des desolaten Zustandes des bestehenden Gemeindeamtes erste Überlegungen angestellt, einen Neubau zu errichten. Grundsätzlich stimmten die politischen Vertreter zu. Es war geplant etappenweise eine Amtmannwohnung, das Feuerwehrhaus sowie das Gemeindeamt mit Postamt und Raiffeisenbankfiliale zu errichten. Begonnen wurde mit der Amtmannwohnung und dem Feuerwehrhaus.
Die Fotos aus den 1950er und 1970er Jahren, zeigen den Zustand des Gemeindeamtes bis zum Neubau:
Beschreibung des historischen Gemeindeamtes
Das alte Gemeindeamt ist anhand der historischen Fotos wie folgt zu beschreiben:
Eingeschossiges nicht unterkellertes Objekt mit erhöhter Sockelzone, profiliertes Traufengesims, Satteldach mit Tonziegeldeckung, abgetreppte Giebelflächen – “Katzensteig”, glatte ungegliederte Fassade, zweiflügelige nach außen öffnende Kastenfenster mit Oberlichte, Rundbogen bei mittiger Einfahrt mit zweiflügeligem, einfach gegliedertem Holztor.
Einweihung des neuen Gemeindeamtes
Am 10. Juli 1966 wurde das damals neue Feuerwehrhaus durch Bischof DDr. Stefan Laszló gesegnet. Siehe dazu auch Station Nr. 15 – Altes Feuerwehrhaus (Verlinkung).
Nach dem Abbruch des vorhandenen Gemeindeamtes wurde das neue Gemeindeamtshaus am Sonntag, den 14. Juli 1974, im Beisein von Vertretern des Landes, der Post und des Raiffeisenverbandes feierlich eingeweiht und eröffnet.
Ortswappen
Im Zuge dieses Festaktes wurde von Landeshauptmann Dr. Theodor Kery die Urkunde über die Verleihung des Gemeindewappens an Bürgermeister Karl Haider überreicht.
In Zuge dessen wurde auch das 450-jährige Jubiläum des Joiser Weinprivilegs (Markenschutz “G”), welches 1524 von Königin Maria von Ungarn verliehen wurde, begangen.
Die Wappenbeschreibung lautet wie folgt:
In einem von Rot und Gold geteilten Schild oben ein goldenes „G“, unten eine dreifache natürliche Kirsche mit Blatt. Das „G“ (für die alte Schreibweise Geos (= Jois) sowie die Joiser (Herz-)Kirsche finden sich im Gemeindewappen wieder.
Bürgermeister der Marktgemeinde Jois seit dem Bestehen Burgenlands als ein eigenes Bundesland Österreichs
Folgende Bürgermeister waren bzw. sind aktuell für die Marktgemeinde tätig:
1920 bis 1923 Jakob Kiss
1923 Rudolf Lentsch
1923 bis 1931 Johann Mospointner
1931 bis 1933 Karl Steidl
1933 bis 1937 Georg Karner
1937 bis 1938 Ludwig Steurer
13.03.1938 bis 24.04.1945 Johann Mospointner
25.04.1945 bis 10.06.1945 Ludwig Steurer
11.06.1945 bis 14.10.1946 Georg Karner
15.10.1946 bis 29.05.1947 Josef Leichtl
30.05.1947 bis 25.11.1950 Franz Glanz
26.11.1950 bis 03.12.1958 Johann Kiss
04.12.1958 bis 09.12.1962 Josef Hillinger
10.12.1962 bis 07.04.1965 Johann Kiss
08.04.1965 bis 13.11.1972 Georg Hoffmann
14.11.1972 bis 10.11.1987 Karl Haider
10.11.1987 bis 01.12.1992 Georg Hoffmann
01.12.1992 bis 13.11.1997 DI Dr. Norbert Kusolits
13.11.1997 bis 12.11.2002 Georg Hoffmann
12.11.2002 bis 13.10.2017 Leonhard Steinwandtner
seit 13.10.2017 Johann Steurer
Amtmänner der Marktgemeinde Jois seit dem Bestehen des Burgenlands als ein eigenes Bundesland Österreichs
Folgende Amtmänner und -frauen waren bzw. sind aktuell für die Marktgemeinde tätig:
1921 bis 1922 Heinrich Weiss
1922 bis 1922 Friedrich Müllner
1922 bis 1923 Hugo Armandola
1923 bis 1923 Robert Polzerzker (als Stv.)
1923 bis 1925 Alfred Labos
1925 bis 1945 Friedrich Neumann
1941 bis 1947 Maria Reichardt (als Stv.)
1947 bis 1979 Johann Schmauss
1979 bis 1986 Günter Wetschka
1986 bis 2018 Franz Kiss
seit 01.10.2018 Malik Cirak
Die Gemeindeverwaltung
Die aktuelle Gemeindeverwaltung setzt sich aus folgenden Personen zusammen:
Amtmann Malik Cirak
Vertragsbedienstete Sabine Spiegel
Vertragsbediensteter Sebastian Schuber
Vertragsbedienstete Anna Kientzl
Das Gemeindeamt im Wandel der Zeit:
Im Gemeindeamt sind auch die Ausstellungsräume des Museum Jois, mit dem Leitbild „Jois, von der Steinzeit zur Weinzeit“ untergebracht und zu besichtigen. Siehe dazu Station Nr. 20 Museum Jois (Verlinkung)
Die Umgebung sowie die Fahrzeuge im Wandel der Zeit sind auf den Fotos „Straßenansicht 1980“ und „Straßenansicht 2022“ dokumentiert.
Zwischenzeitlich wurden die Dacheindeckung sowie die Fensterkonstruktionen erneuert. Die Fassadenflächen wurden thermisch ertüchtigt. Ein barrierefreier Zugang wurde neu geschaffen.
Der Betrieb des Postamtes wurde 2008 bzw. der Betrieb der Bankfiliale 2019 eingestellt. Die Büroflächen des Gebäudes werden heute in deren Gesamtheit von der Gemeindeverwaltung bzw. vom Tourismusbüro genutzt.



























Rätselrally:
Wann wurde das Gemeindeamt errichtet?
Welches Jubiläum wurde im Zuge der Eröffnung des Gemeindeamtes gefeiert?
Welche Gerichtsbarkeiten gab es?
Was waren die Aufgaben des Marktrichters?
Was waren die Aufgaben des Notärs?
Was waren die Aufgaben der Geschworenen?
Was bedeutete das Ausstecken der „Freihand“?
Ortsmuseum Jois
Von der Steinzeit zur Weinzeit
„Ortskundliche Sammlung“
Der Grundstein für das heutige Museum Jois wurde schon in den 1960er Jahren vom Fachlehrer Heinrich Weiß gelegt. In den 1970er Jahren wurde auf Initiative des Schuldirektors Rudolf Treiber, mit Unterstützung durch die Gemeinde, die Sammlung erweitert. Die Joiser Bevölkerung öffneten ihre Dachböden, Scheunen und Keller und so entstand ein eindrucksvoller und lebendiger Überblick über das ehemalige Alltagsleben in Jois. Zudem wurden Dokumente zur Ortsgeschichte der Gemeinde sowie Fotos aus dem Leben in der Gemeinde gesammelt.
Beim Festakt anlässlich der Einweihung des neu errichteten Gemeindeamtes der Marktgemeinde Jois im Sommer 1974 wurde dem damaligen Bürgermeister Karl Haider vom Landeshauptmann Dr. Theodor Kery die Urkunde über die Verleihung des Gemeindewappens überreicht. Im Rahmen dieser Festlichkeit wurde die Sammlung erstmals in den Kellerräumen des Gemeindeamtes der Öffentlichkeit präsentiert.
Abb. 1 / 020-01-jois-erkunden-museum
Da großes Interesse in der Dorfbevölkerung bestand, sammelten die Initiatoren weiter. Als eine ansehnliche Sammlung an Objekten zusammengetragen war, ordnete man die Gegenstände nach Sachgebieten. Vom 13. August 1978 bis Ende 1984 wurde die „Ortskundliche Sammlung“ der Öffentlichkeit zugänglich gemacht.
Im Winter 1984/85 wurden auf Anregung des Bürgermeisters Karl Haider und unter seiner Leitung die Ausstellungsräume neugestaltet und um ein Schulmuseum erweitert.
Gründung des Vereins „Ortskundliches Museum Jois“
Am 23. Juni 1985 wurden die neu adaptierten Museumsräume feierlich der Öffentlichkeit präsentiert. 1986 wurde der Verein „Ortskundliches Museum Jois“ gegründet. Die Leitung des Vereins oblag dem Bürgermeister Karl Haider und Frau Direktor Maria Treiber (Witwe des Initiators Direktor Rudolf Treiber). Aufgrund des weit gestreuten Sammlungsgutes von besonderem dokumentarischem Wert für die Ortsgeschichte, aber auch für die burgenländische Landesgeschichte, wurde das „Ortskundliche Museum Jois“ als Einheit im Öffentlichen Interesse mit Schreiben vom 7. Oktober 1986, Zl. 2476/1/86, vom Bundesdenkmalamt unter Denkmalschutz gestellt.
Generalsanierung, Neugestaltung, Namensänderung des Vereines
Ein aufgetretener, starker Holzwurmbefall war Anlass für die 2005 gestartete Generalsanierung der Museumräume und der Exponate. Ein neues Leitbild sollte den Besucher bereits im Vorfeld erkennen lassen, was ihn im Museum erwartet. Durch zahlreiche Funde ist belegt, dass der Joiser Raum schon in der Steinzeit besiedelt war und da die Weinwirtschaft in der Jetztzeit von großer Wichtigkeit und Bedeutung ist, wurde das Leitbild „Museum Jois – Von der Steinzeit zur Weinzeit“ gewählt.
Museum Jois – Von der Steinzeit zur Weinzeit
Unter diesem Leitbild sollte nun das Museum Jois umgestaltet werden. Im ersten Schritt wurden die Museumsräume ausgeräumt, vor die feuchten Außenwände zur besseren Luftzirkulation Vorsatzwände montiert und alle Räume neu ausgemalt. Die Beleuchtung wurde erneuert und auf das neue Ausstellungskonzept abgestimmt. Die Holz-Exponate wurden in einer Kammer mit Gas entwurmt und anschließend für die Präsentation hergerichtet.
Nach der Fertigstellung der Sanierungsarbeiten in den Museumsräumen wurden die Ausstellungsräume entsprechend dem neuen Leitbild themenbezogen ausgestattet und eingerichtet. Das Präsentationskonzept wurde von Ing. Reinhard Brabec erarbeitet und mit Fr. Dr. Gertraud Liesenfeld – Institut für Europäische Ethnologie der Universität Wien abgestimmt. Die Umsetzung nach diesem Konzept wurde von der Kulturabteilung des Landes Burgenland auch mit Finanzmitteln gefördert.
Weiters wurde die Umgestaltung des Museums durch Förderungen von der Marktgemeinde Jois, mit Spendengeldern von der Ortsbevölkerung und durch Eigenleistungen der Vereinsmitglieder finanziert.
Im Rahmen eines Festaktes wurde das neugestaltete Museum Jois unter dem Obmann Ing. Christian Seywerth von Landesrat Helmuth Bieler im Jahr 2006 wiedereröffnet.
Abb.2 / 020-02-jois-erkunden-museum
Unter dem Leitbild werden in den Museumsräumen im Keller des Gemeindeamtes und im ehemaligen Amtmannhaus das Leben und Wirken der Joiser Bevölkerung gezeigt. Der Bogen spannt sich vom ersten Nachweis menschlichen Lebens im Joiser Raum (Mittelsteinzeit 10.000 bis 5.800 v.Chr.), mit seiner Entwicklung über das traditionelle Handwerk bis hin zum nunmehr sehr wichtigen Erwerbszweig, der Weinwirtschaft. Dabei erhält der Besucher durch die einzelnen symbolischen Leitbildsegmente einen Einblick in das Leben im Dorf von einst und jetzt.
Im Raum Steinzeit werden die Fundgegenstände aus der Steinzeit, die Hügelgräber im Joiser Gemeindegebiet aus der Bronzezeit (Halsringschmuck), der Hallstattzeit (Schalen), Funde aus der Römerzeit (wie der Römerkopf-Fund aus Jois sowie ein Steingrab mit zwei Skeletten von Frauen und einigen Grabbeigaben, davon als Besonderheit eine gläserne Parfumphiole) gezeigt. Der wohl interessanteste und bedeutendste Fund im Gemeindegebiet ist die „Hinkende Germanin von Jois”, ein Frauenskelett mit einem ausgeheilten doppelten Unterschenkelbruch aus der Völkerwanderungszeit. Eine anschauliche Zeitleiste und Fotos ergänzen den Schauraum mit Informationen bis zum Ende des 12. Jahrhunderts.
Abb.3 / 020-03-jois-erkunden-museum
Im Raum Ortszeit wird die Joiser Ortsentwicklung von der ersten urkundlich dokumentierten Namensnennung aus dem Jahre 1214 bis heute gezeigt. Anhand einer Zeitleiste, mit Dokumenten und einer ausgewählten Fotodokumentation, wird die historische Entwicklung von Jois präsentiert. Ausgewählte Exponate aus dem Leben im Ort und dem Kirchenbereich ergänzen und bereichern die Sammlung. Besonders zu erwähnen sind hier unter anderem die Insignien des letzten Nachtwächters und eine der letzten noch funktionierenden Turmratschen des Burgenlandes, die bis 1977 in der Pfarrkirche zum Hl. Georg in Betrieb war.
Abb. 4 / 020-04-jois-erkunden-museum
Im Raum Jahreszeit wird das bäuerliche Arbeitsjahr der vergangenen Zeiten behandelt. Hier werden die bäuerlichen Gerätschaften und Arbeitsmittel gezeigt, die im Laufe eines Jahres verwendet wurden. Eine eindrucksvolle Fotodokumentation veranschaulicht, wie diese Arbeitsmittel eingesetzt wurden. Der Bogen spannt sich von Bodenbestellung und Aussaat im Frühjahr, Unkrautbekämpfung und Grünfuttereinbringung bis hin zur Kirschenernte. Ende der 1930er Jahre gab es in Jois ca. 16.000 Kirschbäume, deren Früchte berühmt waren und auf die Wiener Märkte geliefert wurden. Bei der Weltausstellung 1900 in Paris erzielte die Joiser Kirsche sogar eine Auszeichnung.
Weiter geht es mit der Getreideernte und dem Drusch im Sommer, der Rüben- und Kukuruzernte sowie dem Pflügen im Herbst bis hin zur Schilfernte im Winter.
Abb. 5/ 020-05-jois-erkunden-museum
Im Raum Arbeitszeit werden die für Jois in der Vergangenheit typischen Handwerke mit Exponaten gezeigt. Es sind dies Schneider, Schuster, Tischler, Wagner, Fassbinder, Tapezierer und Schmied. Mit passenden Fotos werden die von den Handwerkern jeweils ausgeführten Tätigkeiten veranschaulicht.
Die Jagd und die Fischerei mit den zugehörigen Exponaten und Fotos sind als Brücke zum Freizeitbereich positioniert.
In einer umfangreichen Fotodokumentation wird das Leben in der Dorfgemeinschaft in der Freizeit gezeigt. Fotoserien über große Ereignisse, wie Erntedankfeste, Gemeindefeste, Veranstaltungen zum Kirtag bzw. „Kiritog“ (=Kirchweihfest), Fronleichnam, Glockenweihe, Weinverkostungen, Feiern im kleinen Kreis, Geselligkeiten im Gasthaus oder am Sportplatz geben so einen Einblick in die gelebte Vielfalt der Freizeitgestaltung.
Ein Modell des Schulgleiters SG38 lässt erkennen, wie Anfang der 1940er Jahre die Ausbildung von Piloten am seeseitigen Hang des Hackelsberges erfolgte.
Als Rarität ist auch eine immer noch funktionierende Original-Wassermausefalle zu besichtigen.
Abb. 6/ 020-06-jois-erkunden-museum
Der Raum Sonderausstellung wird für wechselnde Sonderausstellungen genutzt. Die Themen passen sich den besonderen Gegebenheiten an – wie z.B. 250 Jahre Pfarrkirche, 800 Jahre Jois oder 90/100 Jahre Burgenland oder aber auch besondere Jubiläen der Vereine.
Im ehemaligen Amtmannhaus, das hinter dem Gemeindeamt liegt, zeigt das Museum Jois weitere Themen aus dem früheren und heutigen Leben in der Marktgemeinde Jois.
Ein Raum ist der Freiwilligen Feuerwehr Jois gewidmet. Hier werden Pokale, Fahnen und Auszeichnungen, sowie eine ausgewählte Fotodokumentation ausgestellt. Es wird so eine Einsicht in das Wirken der „FFJ“ seit der Gründung für die Gemeinschaft und für die Bevölkerung von Jois vermittelt. Der alte Spritzenwagen, der jahrelang hier stand, ist aus Platzgründen in das neue Feuerwehrhaus gebracht worden.
Unter Weinzeit werden Werkzeuge und Geräte aus der Vergangenheit präsentiert, die für die Produktion von Wein verwendet wurden. Anhand von Fotos werden die Arbeitsweise in den Stockkulturen des vorigen Jahrhunderts und die Weinproduktion in der Vergangenheit gezeigt. Eine alte Steinpresse und Geräte für die Herstellung des Weines zeigen, mit welchem Aufwand und mit welcher Arbeitsleistung die Herstellung von Qualitätswein verbunden war. Eine Präsentation ausgewählter Flaschenweine in den verschiedenen Flaschenformen mit kunstvoll gestalteten Etiketten gibt einen Überblick über die Produktion von Qualitätsweinen der Joiser Winzer um die Jahrtausendwende und leitet damit in die Gegenwart über.
Abb.7/ 020-07-jois-erkunden-museum
Im Bereich Wohnzeit wird Einsicht in das häusliche Leben gewährt. Küche und Stube zeigen die Wohnverhältnisse mit der typischen Einrichtung in einem Joiser Haus in den 30er Jahren des vorigen Jahrhunderts.
Abb.8/ 020-08-jois-erkunden-museum
Im Raum Schulzeit ist eine Schulklasse aus der Volksschule Jois mit der Einrichtung aus dem Ende der 1930er Jahre zu sehen. Schulbänke mit integrierten Sesseln und schrägen Schreibpulten mit eingelassenen Tintenfässern ermöglichen, den Schulalltag aus Großmutters Zeit mit dem Heute zu vergleichen. Die aufliegenden Schiefertafeln lassen erkennen, wie damals die Kinder mit Kreide die ersten Buchstaben des Alphabets zu schreiben lernten.
Im Jahr 2008 fand die Wiedereröffnung des Joiser Schulmuseums statt. Ergänzend dazu präsentierten sich die Volks- und Hauptschulen der Nachbargemeinden bzw. des Schulbezirkes mit Schautafeln. Zeitgleich gab es eine Fotoausstellung aus der Schulvergangenheit unter dem Titel „Lang, lang ist’s her “.
Abb.9 / 020-09-jois-erkunden-museum
Im Vorraum der Schulzeit, hat sich mittlerweile unsere Bücherecke etabliert. Hier können Bücher geholt, gebracht oder getauscht werden. Stöbern, genießen, plaudern und austauschen ist einmal im Monat ein Fixpunkt und wird von der Bevölkerung sehr gut angenommen.
Abb.10 / 020-10-jois-erkunden-museum
Das Museum heute
Der große Erfolg unserer Museumsgeschichte basiert auf dem unermüdlichen Einsatz vom ehemaligen Obmann Ing. Reinhard Brabec, der zusammen mit seiner Frau Maria das Museum in der Zeit von 2012 bis 2021 maßgeblich geprägt hat. Die beiden haben viele wichtige Kontakte geknüpft, Konkurrenzveranstaltungen besucht, einen Kursus zur Katalogisierung und Inventarisierung der Bilder und Exponate belegt und das Gelernte auch gleich in die Tat umgesetzt. Schon als Schriftführer unter der Leitung von Ing. Christian Seywerth war Ing. Reinhard Brabec die treibende Kraft bei der Vorbereitung und Gestaltung von Sonderausstellungen, die er dann auch in seiner Amtszeit weiterhin organisiert, zusammengestellt und präsentiert hat.
Am Staatsfeiertag, den 26. Oktober, gab es immer den Tag der offenen Museumstür – den wird es auch weiterhin geben. Führungen durchs Museum, ein kleiner Imbiss mit Umtrunk sowie ein Flohmarkt waren die Fixpunkte. Auf dem Flohmarkt konnte man die Bilder der vergangenen Sonderausstellungen ebenso wie gespendete Bücher günstig erwerben. Der Erlös kam der Museumskasse zugute. Das Angebot wurde sehr gerne angenommen. Aus dem Bücherflohmarkt wurde zwischenzeitlich die Bücherecke, die einmal im Monat geöffnet ist. Fotos können nach wie vor beim Vorstand bestellt werden.
Der Gang des Gemeindeamtes zum Sitzungssaal erfuhr durch etliche Fotos aus dem Museumsarchiv eine Aufwertung. Die Bürgermeistergalerie im Sitzungssaal der Gemeinde wurde unter der Regie von Ing. Brabec vereinheitlicht, die Bilderzeile begradigt und ansprechend gestaltet.
Im Gemeindestadel wurde ein Depot errichtet, Zwischendecken und Regale schafften Platz für Exponate des Museums, die gesammelt wurden und für künftige Ausstellungen gelagert sind, oder bereits gezeigt wurden. Die Erhaltung dieser Objekte ist für das Museum Jois von großer Bedeutung und Wichtigkeit und kann so sicher für die Nachwelt aufbewahrt werden.
Das Museum – eine bewegte Geschichte
1974 als Ortskundliche Sammlung angelegt von Dir. Rudolf Treiber
1986 Vereinsgründung als Ortskundliches Museum, Bürgermeister Karl Haider als Obmann, Frau Dir. Maria Treiber als Stellvertreterin
2006 Neugestaltung und Umbenennung in „Museum Jois – Von der Steinzeit zur Weinzeit“, Obmann Ing. Christian Seywerth, Stellvertreter Mag. Harald Straßl
2012 Neuwahl des Vorstandes; Herr Ing. Reinhard Brabec übernimmt die Leitung als Obmann; Obmannstellvertreter wird Christian Schmidt-Maszl
2021 Neues Team unter der Leitung von Silvia Hoffmann, Obmannstellvertreter wird wieder Christian Schmidt-Maszl











Rätselrally:
In welchem Jahr hat die Sammlung begonnen?
Wann wurde der Verein „Museum Jois – Von der Steinzeit zur Weinzeit“ gegründet?
Was ist der interessanteste Fund im Raum Steinzeit?
Aus welcher Zeit ist das Klassenzimmer im Schulmuseum?
Ehem. Pfarrhof am Standort des Gemeindeamtes
Von der religiösen zur kommunalen Gemeindeverwaltung
Wo befand sich der ehemalige Pfarrhof?
Schriftliche Aufzeichnungen eines sogenannten Hausübergabe-Buches belegen, dass sich der ehem. Pfarrhof noch im Jahr 1843 auf dem Areal des heutigen Gemeindeamtes befand. Er lag zwischen der ehemals röm.-kath. Volksschule (Untere Hauptstraße 21) und dem Haus der Familie Rausch (Untere Hauptstraße 25) und damit zugleich auch am Fuße des Kirchbergs, auf dem sich die Pfarrkirche erhebt.
Welche Räume hatte der damalige Pfarrhof?
Die römisch-katholischen Pfarren wurden in periodischen Abständen, meist in fünf Jahreszyklen, durch den Bischof oder dessen Vertreter visitiert um den Zustand der Bauwerke wie Pfarrkirche, Pfarrhof und Nebengebäude sowie die Seelsorgetätigkeit des Pfarrers zu überprüfen. Anlässlich der Visitationen wurden Protokolle erstellt. Daraus kann noch heute das Erscheinungsbild und der Zustand der Bauwerke abgeleitet werden.
Der Visitationsbericht 1735 hält fest, dass der Pfarrhof gut gebaut ist. Er hatte damals zwei Zimmer im Obergeschoß für den Pfarrer und im Untergeschoß zwei Räume für das Gesinde. Außerdem gab es zwei gewölbte Kammern, einen Schüttkasten, ein Presshaus, einen gewölbten Keller und zwei Stallungen für das Vieh. Auch ein Stadel und ein eingezäunter Garten gehörten dazu.
Wohin übersiedelte der Pfarrhof im 19. Jahrhundert?
Im 19. Jahrhundert wurde das Gebäude des alten Pfarrhofes an den damaligen Gemeindenotär verkauft. Zwischen 1844 und 1856 kam es zur Übersiedlung an den heutigen Standort in der Unteren Hauptstraße 24, direkt neben der später errichteten Herz Jesu-Kirche.

Rätselrally:
Wo befand sich der ehemalige Pfarrhof?
Was ist ein Visitationsbericht?
Welche Räume hatte der damalige Pfarrhof?
Wann übersiedelte der Pfarrhof?
Wohin erfolgte die Übersiedelung des Pfarrhofes?
Lattes- oder Brucker Hof
Bekanntester Edelhof im Ortskern von Jois
Was ist ein Edelhof?
Es ist bekannt, dass es in Jois einige Edelhöfe gegeben hat. Das Wort Edelhof kommt vom Wort edel, das wieder von adelig, also von Adel abgeleitet wird. Ursprünglich wurden solche Höfe vom König als obersten Grundherrn an verdiente Personen verliehen. Der König schenkte Rittern, Adeligen, hohen Beamten oder Offizieren solche Besitzungen, um sie zu entlohnen bzw. für ihre Erfolge auszuzeichnen. Diese Höfe wurden auch Freihöfe genannt, weil sie von Abgaben und anderen Dienstleistungen an den Grundherrn befreit waren.
Bekanntester Edelhof von Jois
Es ist nicht ganz klar, wie viele Edel- oder Freihöfe es in Jois im Laufe der Zeit gegeben hat. Im Urbar (=Verzeichnis über die Besitzrechte einer Grundherrschaft und die zu erbringenden Leistungen ihrer Grunduntertanen) des Jahres 1525 werden vier Edelhöfe angegeben, ebenso in einem Bericht aus dem Jahr 1718. Der Große Bruckerhof wird im Urbar als Latteshof erwähnt. Er ist einer der ältesten Edelhöfe in Jois.
Von 1555 bis 1914 war er im Besitz der Stadt Bruck an der Leitha. Das Gebäude, eine zweiflügelige Anlage mit älterem, zumindest in das 16. Jahrhundert zurückreichenden Baukern, geht in seiner bestehenden Form auf das 17. Jahrhundert zurück. Die barocke Raumaufteilung und Ausstattung hat sich im Inneren nahezu unverändert erhalten. Vom 18. bis 20. Jahrhundert erfolgten laufende Adaptierungen.
Zum Hof gehörte ehemals auch die Latteshof-Wiese, ein Fischwasser am See und das Bergrecht von etlichen Weingärten.
Frühere Besitzer
Im 15. und 16. Jahrhundert war er im Besitz von bedeutenden Räten der Königin Maria von Ungarn. Zunächst besaß ihn Ritter Wilhelm Enzersdorffer (2. Hälfte 15. Jahrhundert) und später Hauptmann Jakob von Stamp (1532 – 1555). Letzterer war auch im Besitz des Kleinen Bruckerhofes in der Unteren Hauptstraße 38a – 40c (siehe Station 30).
Großer Brand von 1836
Am Abend des 22. Jänner 1836 war in Jois ein Großfeuer ausgebrochen. Innerhalb einer Stunde wurden 24 Bauernhäuser, drei Kleinhäusler, der große Brucker Edelhof und das Schulhaus eingeäschert. Der Bruckerhof war damals von elf Parteien bewohnt. Personen und das Vieh kamen nicht zu Schaden. Allerdings verbrannten in den Scheunen die Futtervorräte.
Der Große Bruckerhof im 20. Jahrhundert
Am 29. Dezember 1914 wurde der Große Bruckerhof an die Heeresverwaltung übergeben bzw. 1930 dem Ehepaar Michael und Anna Hackl verkauft, die ihn später an ihren Sohn Emmerich vererbten. 1969 ging er durch Kauf in den Besitz von Leonhard Wetschka und seine Familie über.
Äußeres Erscheinungsbild
Die Straßenfassade weist sechs Fensterachsen auf. Die mit einem Rundbogen gerahmte Einfahrt ist in der vierten Fensterachse situiert. Nach der Einfahrt weist die Straßenfront einen Knick auf. An der Fassade sind generell 2-flügelige, nach außen öffnende Holzkastenfenster mit Oberlichten vorhanden. Die Fensterflügel und Oberlichten sind mit Sprossen geteilt. Die Fenster sind mit Putzfaschen bzw. mit Steingewänden gerahmt.
Ehemals bemerkenswerte Fassadengestaltung
Wie auf alten historischen Fotos zu erkennen ist, war die Fassadenfläche im Erdgeschoss ehemals mit waagrechten Putznuten gegliedert. Im Obergeschoss wurde die glatte Putzfläche durch doppelte Putzlisenen unterteilt. An den Gebäudeecken waren ums Eck geführte Bossen vorhanden. Ein profiliertes Traufgesims, welches heute noch sichtbar ist, ist vorhanden. Die heute noch existierende Dacheindeckung ist vermutlich die ursprüngliche, bestehend aus glatten rechteckigen Ziegeltaschen.
Die Fassade scheint aufgrund der Farbunterschiede der Fotos mehrfärbig gestaltet gewesen zu sein. An den Giebelflächen ist ein “Katzensteig” (manchmal auch als „Katzenstiege“ bezeichnet) als abgetreppter Ziegelverband sichtbar. Die Dachfläche wird durch mächtige mehrzügige Kamine durchdrungen. Seinerzeit waren Storchennester an den Kaminköpfen angebracht.
Literatur
Franz Hillinger, Jois – 800 Jahre und mehr, hg. von der Marktgemeinde Jois, Jois 2008, S. 164, 222-224
Sog. Lattes oder Brucker Hof, in: Adelheid Schmeller-Kitt, Die Kunstdenkmäler Österreichs: topographisches Denkmälerinventar: Burgenland, hg. vom Bundesdenkmalamt, Wien 1980, S. 372-373.



Röm.-kath. Pfarrkirche hl. Georg
Hoch erhaben über dem Neusiedlersee
Die heutige Pfarrkirche von Jois ist auf den Fundamenten eines romanischen Vorgängerbaus aus dem zweiten Viertel des 13. Jahrhunderts errichtet (Saalkirche mit Westturm). Der ursprüngliche Hochaltar war der Maria Himmelfahrt geweiht.
Der Einsturz eines Teils der Kirche im Jahr 1751 gab den Anlass für den spätbarocken Neubau, der zwischen 1752 und 1757 mit der finanziellen Unterstützung der Patronatsherrin Kaiserin Maria Theresia errichtet wurde. Die erst 1997 freigelegten Wandmalereien in der Apsis (Engel) sind etwas jünger (vermutlich um 1764). Der heutige Aufbau des Hochaltars wurde 1865 aus der St. Michaelskirche von Ödenburg (Sopron) angekauft. Damals schuf der Maler Franz Storno d. Ä. das heutige Altarblatt mit der Darstellung der Schutzmantelmadonna.
